Bullettin n. 1/2011
June 2011
CONTENTS
  • Section A) The theory and practise of the federal states and multi-level systems of government
  • Section B) Global governance and international organizations
  • Section C) Regional integration processes
  • Section D) Federalism as a political idea
  • Guérot Ulrike
    Welches Deutschland braucht Europa?
    in Blätter für deutsche & internationale Politik , Juni, 2011 ,  2011 ,  93-102
    The full text is free: www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2011/juni/welches-deutschland-braucht-europa Deutschland ist ins Gerede gekommen – zumindest die deutsche Außen- und Europapolitik. Das Land in der Mitte des Kontinents, das jahrzehntelang der Stützpfeiler der europäischen Integration gewesen ist, scheint sich dieser zunehmend zu entziehen, Alleingänge zu wagen und aus Europa gleichsam herauszuwachsen. Deutschland ist isoliert und zugleich scheinbar strategielos.[1] Auch in der deutschen Bevölkerung – und vor allem bei den Eliten – ist derzeit ein eigentümlicher Stimmungswandel mit Blick auf die europäische Integration spürbar. Dies alles wird im europäischen Ausland mit Sorge verfolgt, in Berlin indes weitgehend ignoriert. Sollte Margaret Thatcher Recht behalten, die 1989 anlässlich der deutschen Vereinigung gesagt hat, Deutschland werde sich jetzt von Europa abwenden? Die neue Berliner Republik schuldet Europa eine Antwort auf diese Frage. Welches Europa will Deutschland noch? Deutschland, nicht nur das Land der europäischen Mitte, sondern auch das Land, das seinen politischen Frieden im letzten Jahrhundert letztlich durch Europa gefunden hat, braucht dringend eine neue Europastrategie. Seit Beginn der Eurokrise im letzten Jahr gab es eine Art „unipolares Moment“ in der Eurozone: Eine Bewältigung der Krise war weder ohne noch gegen Deutschland möglich. Stattdessen aber wird Deutschlands Politik, von Libyen bis Griechenland, zunehmend als ausweichend und unvorhersehbar eingestuft. Obwohl Berlin signalisiert hat, es werde alles tun, um den Euro zu retten, sind viele in Europa besorgt über die deutsche Gangart und tief im Zweifel, wohin Deutschland eigentlich steuert.[2] Die Deutschen wiederum fühlen sich um das europäische Projekt betrogen, mit dem sie sich einst viel stärker identifizierten als jedes andere Mitgliedsland. Tatsächlich projizierten sie einst deutsche Nachkriegs-Tugenden wie finanzpolitische Korrektheit, Stabilität und Wettbewerbspolitik auf die EU, die überhaupt als raison d’état und als Ersatz für deutschen Nationalismus diente. Jetzt nehmen sie die EU eher als Bedrohung genau der Werte wahr, die die alte Bundesrepublik geprägt hatten.
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